Grenzgänger im österreichischen Steuerrecht
Als Grenzgänger werden jene Steuerpflichtigen bezeichnet, deren Hauptwohnsitz nahe der Staatsgrenze liegt und die durch eine Tätigkeit jenseits der Grenze Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Behandlung als Grenzgänger ist, dass eine grundsätzlich tägliche Rückkehr vom Tätigkeitsort zum Wohnsitz und somit eine Grenzüberquerung erfolgt. Grenzgänger können sowohl in Österreich Ansässige sein, welche zur Arbeit die Grenze überqueren und im Ausland arbeiten, als auch Personen, die ihre Tätigkeit in Österreich verrichten und dann jeweils an ihren ausländischen Wohnsitz zurückkehren. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf Grenzgänger mit Hauptwohnsitz in Österreich. Von dem Begriff des Grenzgängers ist jener des Grenzpendlers zu unterscheiden. Ein bedeutender Unterschied liegt darin, dass die Grenzpendlerbestimmung nicht nur auf Arbeitnehmer beschränkt ist. Für die abgabenrechtliche Behandlung von Grenzgängern ist neben dem nationalen Recht aufgrund des Auslandsbezugs auch das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen maßgeblich – teilweise finden sich im DBA sogar spezielle Bestimmungen für Grenzgänger. Grundsätzlich geht es dabei um folgende Fragen: Hat der Wohnsitzstaat das ausschließliche Besteuerungsrecht? Darf der Tätigkeitsstaat Quellensteuer einbehalten? Wie wird eine drohende Doppelbesteuerung verhindert? Hauptwohnsitz und Arbeitsort müssen in Grenznähe liegen Österreich hat eigene Grenzgängerklauseln in den DBA mit Deutschland, Liechtenstein und Italien – allerdings nicht mehr in dem DBA mit der Schweiz. Allen drei DBA ist gemein, dass für die Qualifikation als Grenzgänger (Haupt)Wohnsitz und Arbeitsort in Grenznähe liegen müssen. Nur im DBA mit Deutschland ist der Begriff Grenznähe mit 30 km Luftlinie näher definiert. Die EStR 2000 gehen davon aus, dass ein Arbeitsort noch in Grenznähe liegt, sofern es bei modernen Verkehrsverhältnissen unter Zugrundelegung einer vertretbaren Wegzeit möglich ist, den Arbeitsort täglich vom Wohnsitz anzufahren. Hinsichtlich Grenzgängern mit Wohnsitz in Österreich und nichtselbständiger Tätigkeit im benachbarten Ausland weisen die DBA mit Deutschland und Italien Österreich das ausschließliche Besteuerungsrecht zu. Dem Fürstentum Liechtenstein steht ein Quellenbesteuerungsrecht von max. 4% zu – eine Doppelbesteuerung wird in Österreich durch Anrechnung der einbehaltenen Quellensteuer verhindert. Bei der nationalen Besteuerung ergeben sich wenige Unterschiede zu Arbeitnehmern im Inland; so gilt z.B. die begünstigte Besteuerung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder von Zulagen und Zuschlägen auch für Grenzgänger. Darüber hinaus steht ihnen ein Grenzgängerabsetzbetrag von 54 € pro Jahr zu, der allerdings durch den Arbeitnehmerabsetzbetrag (sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind) vermindert wird. Grenzgänger haben auch Anspruch auf das Pendlerpauschale für die gesamte Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Nunmehr können sich Grenzgänger auch eine negative Einkommensteuer rückerstatten lassen – diese ist mit bis zu 10% der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung bzw. mit 110 € jährlich begrenzt. Sofern in dem DBA keine besonderen Bestimmungen für Grenzgänger vorgesehen sind, kommen die DBA-Regelungen über Nichtselbständige Arbeit zur Anwendung. Die DBA mit den 5 Nachbarstaaten ohne besondere Bestimmungen für Grenzgänger – Slowakei, Tschechien, Ungarn, Slowenien und Schweiz – weisen das Besteuerungsrecht im Regelfall dem Tätigkeitsstaat zu, wodurch diese Einkünfte nicht in Österreich besteuert werden. Der heimische Fiskus bezieht die freigestellten (ausländischen) Einkünfte allerdings in die Ermittlung der Progressionsbasis für die anderen Einkünfte mit ein (Progressionsvorbehalt). Gegenüber der Grenzgängerregelung und daran anknüpfenden Besteuerung in Österreich kann sich das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats hinsichtlich der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit positiv auswirken, sofern die Besteuerung im Ausland geringer als in Österreich ist. Wenngleich z.B. östliche Nachbarländer mit nominal niedrigen (Spitzen)Steuersätzen attraktiv erscheinen, sind für eine Beurteilung der Vorteilhaftigkeit auch die Bestandteile der Steuerbemessungsgrundlage sowie grundsätzliche steuerliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Grenzgänger muss nicht „immer“ pendeln Für die Einordnung als Grenzgänger ist nicht unbedeutend, an wie vielen Tagen ein „Pendeln über die Grenze“ erfolgt, da ja die regelmäßige Ausübung am Tätigkeitsort und Rückkehr zum Wohnsitz Voraussetzungen sind. Wenngleich das BMF von dem „Einpendeln ins Ausland“ an zumindest drei Arbeitstagen pro Woche als Voraussetzung ausgeht, erachtet der VwGH (GZ 2001/15/0113 vom 24.6.2004) bereits einen Tag pro Woche als ausreichend, sofern auch das Beschäftigungsausmaß grundsätzlich auf einen Tag beschränkt ist. Es wäre nämlich ungerechtfertigt, dass bei einer nichtselbständigen Tätigkeit, welche an 5 Tagen im grenznahen Ausland ausgeübt wird, Grenzgängereigenschaft vorliegt und diese bei einer kürzeren Dauer automatisch verwehrt wird. Es ist selbst bei bloß geringfügiger Beschäftigung von Grenzgängereigenschaft auszugehen, sofern Grenznähe und regelmäßiges Pendeln erfüllt sind. Jene DBA mit eigenen Grenzgängerbestimmungen sehen zumeist Toleranzregelungen vor, damit es nicht bei z.B. vorübergehenden Tätigkeiten außerhalb des Grenzortes zum Verlust der Grenzgänger-eigenschaft kommt.